Mit dem Ende meiner Sprachschulzeit endete für mich auch meine Zeit in der Touristeninformation. In Japan ist es nur erlaubt, unter einem Studentenvisum zu arbeiten, wenn man noch die Schule besucht. Demnach war es mir untersagt, nach meinem Abschluss weiterzuarbeiten.
Ich kann kaum in Worten ausdrücken, wie dankbar ich für alle Erfahrungen bin, die ich hier sammeln durfte. Ich bin dankbar für all die wundervollen und herzlichen Menschen, die hier meinen Weg gekreuzt haben und von welchen ich lernen durfte. Ich bin dankbar für die wundervollen Erlebnisse, die Herausforderungen und die Anerkennung, die ich hier erfahren habe. Ich bin dankbar, dass ich an Events teilnehmen durfte, die für viele Japaner eine Seltenheit sind und einen Zusammenhalt erleben durfte, welchen ich gern in mein eigenes Ryokan übernehmen möchte. Danke, für die wundervollen 7 Monate!
Diese Erlebnisse werden mit Sicherheit in meinem Herzen bleiben und haben mich nachhaltig geprägt. Danke für euer Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten. Ich werde mein Bestes geben, weiterhin mit euch allen in Kontakt zu bleiben und euch an meinem Weg teilhaben lassen.
Für mich stellte sich nun die Frage, was stelle ich mit der ganzen, frei gewordenen Zeit an. In Deutschland hatte ich, neben meinem Sprachunterricht, immer mal Deutsch-Unterricht auf der Plattform Cafetalk gegeben. Dies ließ ich jetzt wieder aufleben. Im Dezember erst einmal recht vereinzelt, da ich noch ein paar kleine Reisen unternehmen wollte, und im Januar dann mit Vollgas.
Es war wundervoll, Schüler wiederzutreffen, die schon mit mir gelernt hatten, als ich noch in Deutschland war und es war toll, neue Menschen in Japan und aus aller Welt kennenzulernen, die Interesse an der deutschen Sprache haben.
Direkt nach meinem Schulabschluss ging es für mich auf die andere Seite der Halbinsel von Chiba. Um genauer zu sein, nach Moriya. Ein kleines Fischerdorf, gelegen an einem traumhaften Strand. Ich hatte hier vor drei, vier Monaten eine kleine Pension mit dem Namen "Ocha-no-ma" gefunden, was so viel wie Tee-Zimmer bedeutet. Das Ocha-no-ma war früher der Raum, in dem man Gäste empfing und mit ihnen Tee trank. Ein kleiner separater Raum, welcher gemütlich eingerichtet ist. Die Pension ist in ein traditionelles japanisches Haus gebaut und verzaubert schon beim Ankommen.
Empfangen wurde ich von einem Mini-Bahnhof mit einem Gleis und einem traumhaften Sandstrand. Ein rotes Tori im Meer und magische Klippen, die mir den Atem raubten! Was für ein wundervoller Ort!
Am Abend erkundete ich noch die Gegend, kletterte auf einen Berg, versteckt hinter einem buddhistischen Tempel und genoss die Ruhe in meinem Tatami-Zimmer. Schneller als ich schauen konnte, war es Nacht und ich kuschelte mich in meinen Futon.
Am nächsten Tag ging es für mich ein kleines Stück wandern in die nächste Stadt und von dort mit dem Zug wieder nach Hause Richtung Tokyo. Ein wundervoller Ausflug in einen Teil Japans, welchen ich 2015, bei meiner ersten Reise, schon lieben gelernt hatte. Die Präfektur Chiba hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen und wird diesen immer haben. Hier hat für mich alles begonnen und, warum auch immer, führen mich meine Wege immer wieder hier hin. Vielleicht ist es das Meer, vielleicht die Natur, vielleicht die zauberhaften Strände, vielleicht sind es die herzlichen Menschen und vielleicht ist es das Essen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass dies für mich ein ganz besonderer Ort auf unserem schönen Planeten ist.
Weihnachten und Silvester
Nebenher stand für mich nun die Vorbereitung auf den Kimono-Contest im Vordergrund. Doch dazu später mehr. Jetzt kamen für mich erst einmal die Feiertage wie Weihnachten und Neujahr, welche ich natürlich mit meiner Gastfamilie verbrachte. Weihnachten wird hier eher weniger groß gefeiert, dafür liegt der Fokus eher auf Neujahr.
Für mich war dies eine gute Möglichkeit, ein bisschen deutsche Kultur nach Japan zu bringen. Ich buk Stollen, wir stellten einen Christbaum auf und es gab Kartoffelsalat nach deutscher Art und Wiener. So wie sich das gehört.
Silvester ist hier in Japan etwas anders als in Deutschland. In der Woche vor dem Jahreswechsel waren wir beschäftigt mit Aufräumen und Putzen, um uns von Staub und den Altlasten des vergangenen Jahres zu befreien. Wir bereiteten Essen für den ersten und zweiten Januar vor, da es in Japan Brauch ist, dass an diesen beiden Tagen nicht gearbeitet wird. Und das inkludiert auch kochen oder aufräumen.
Am Silvesterabend versammelte sich die ganze Familie und es gab Soba (Buchweizen-Nudeln), welche für ein langes Leben stehen. Wir spielten Spiele, schauten Comedy in Fernsehen und die Kids schliefen schon ein kleines bisschen vor. 11:45 Uhr ging es dann für meine Gastschwester Eri, Wakana und mich vor zum Buddhistischen Schrein, um das neue Jahr einzuleiten. Tokiyoshi und Masako (meine Gastmama) trafen uns etwas später.
IN Japan ist es Brauch, dass das alte Jahr mit 108 Glockenschlägen verabschiedet wird. An buddhistischen Tempeln sind große Glocken zu finden, welche zeremoniell geläutet werden. Doch nicht etwas 108 Mal hintereinander und dann ist es herum, sondern jeder Bürger, der möchte und es in Kauf nimmt, sich lange anzustellen, bekommt die Chance, die große Glocke ein Mal anzuschlagen. Damit kann er sich selbst und die Familie von den 108 Sünden, die es im Buddhismus gibt, reinigen. Wie ich finde, ein wundervoller und ruhiger Brauch.
Danach ging es für uns zum Hauptschrein, zum ersten Gebet des neuen Jahres. Dies ist in Japan sehr wichtig und nennt sich "Hatsumode" (初詣). Hier bedankt man sich für das letzte Jahr und spricht die Wünsche, Vorhaben und Ziele für das neue Jahr aus, damit die Götter von Anfang an Unterstützung leisten können.
Hier wird auch das erste Omikuji (おみくじ) - Vorhersage, gezogen, welche symbolisch für das gesamte neue Jahr steht. Welche Unterschiede es dort gibt und wie man ein solches Omikuji liest, schreibe ich in einem extra Post, da dies zu lang werden würde.
Danach ging es für uns zurück nach Hause und noch einmal ein kurzer Zwischenstopp bei dem Shinto-Schrein bei uns direkt am Haus wo es Amazake (süßen Reiswein) zu trinken gab und wo wir Omamori (お守り) kleine Schutzamulette kauften.
Im Anschluss ging es dann direkt nach Hause und ab ins Bett.
Der erste Neujahrstag war, Japan-typisch, sehr entspannt. Wir machten an sich nichts, außer Spiele spielen, herumliegen, quatschen und essen. Ich genoss die freie Zeit und spielte viel mit den Kids.
Hatsumode - 初詣
Am dritten Januar traf ich mich dann mit zwei ehemaligen Klassenkameraden, um Hatsumode noch einmal im Kimono zu feiern. Ich half den beiden beim Anziehen und wir fuhren zu einem Schrein, welchen ich im Sommer schon einmal mit einer anderen Freundin besucht hatte.
Ich bin so dankbar für all die wunderbaren Menschen, die ich in meinen 10 Monaten hier in Japan kennen und schätzen lernen durfte. Ich habe hier Freunde fürs Leben gefunden, mit denen ich nicht nur Erinnerungen, sondern auch Ansichten und Träume teile und die mich und meine Vorhaben aus vollstem Herzen unterstützen.
Danke, danke, danke, dass du bis hier gelesen hast. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel es mir bedeutet, das du dir die 5 Minuten genommen hast, meinen Text gelesen und dir vielleicht sogar die Bilder angeschaut hast.
Ich freue mich schon, dir von meinen nächsten Abenteuern zu erzählen.
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